Kabarettisten und Satiriker haben es heutzutage nicht leicht, denn allzu schnell werden ihre humorvollen Beiträge für die Bühne von der Realität weit überholt. Beispiele dafür gibt es von der Bundespolitik in Berlin bis zur Kommunalpolitik in Friedberg, wo die junge Theatertruppe um Tobias Hilgers für ihren Dreiakter "Die Qual der Wahl" keinen Spielort fand. Wie berichtet, hatten Bürgermeister und Volkshochschule die Mensa nicht zur Verfügung gestellt, was ihnen den Vorwurf der Zensur einbrachte und ein Medienecho weit über den Landkreis hinaus fand.
Der beliebteste Junggeselle im Ort
Sehr überzeugend wirkten der Regisseur in seiner Rolle als Stadtoberhaupt Robert Reichmann und Peter Hohner als Pressesprecher Eddie. Der smarte Bürgermeister ist zwar der beliebteste Junggeselle im Ort, hat mit Frauen aber nur Probleme, mit der feministischen Stadträtin Erika Eser-Huberth ebenso wie mit einer vorlauten Vertreterin der Theatertruppe (Sabrina Schwarz) oder mit seiner Sekretärin (Isabella Spengler), mit der er sich gern mal im Kopierraum vergnügt.Im Rathaus beziehungsweise auf der Bühne wurden für einen Lacher sämtliche Klischees bedient, nicht schlechter und nicht besser als in jedem Bauerntheater. So ist der Reporter der örtlichen Zeitung ein Dorfdepp, Reichmanns Hundesitter ist schwul und tänzelt in engen Goldglanz-Strumpfhosen durch die Dekoration.
Nur schwer verständlich war die Aufführung für Zuschauer, die nicht mit Friedberger Verhältnissen vertraut sind. Echte Satire blitzte nur hin und wieder auf, wenn es politisch unkorrekt wurde und der Bürgermeister für ein Pressefoto "ein nettes Negerkind, möglichst etwas behindert, aber keinen Terroristen" suchte.
Ein netter Überraschungsgag: In einer Video-Zuspielung machte die echte Claudia Eser-Schuberth Wahlwerbung. Im Stück unterlag sie ihrem männlichen Mitbewerber, der die gewonnene Wahl im Kreis von Mitarbeitern und Bürgern mit Sekt feiert. Doch in Wahrheit ist der Sekt nur Apfelsaft und Reichmann muss am Ende erkennen, dass er nur Teil eines Theaters ist, ein Mitspieler auf einer großen Bühne.